VORSORGEAUFTRAG

Mit einem Vorsorgeauftrag bezeichnet eine handlungsfähige Person eine natürliche oder juristische Person, die im Fall ihrer Urteilsunfähigkeit die Personensorge oder die Vermögenssorge übernehmen oder sie im Rechtsverkehr vertreten soll.


1. Errichtung


Der Vorsorgeauftrag muss entweder öffentlich beurkundet oder eigenhändig errichtet werden.

Einer der Schwachpunkte jedes Vorsorgeauftrages liegt - wie beim Testament - darin, dass es nichts nützt, wenn ihn die Umgebung und die zuständigen Behörden im fraglichen Zeitpunkt nicht kennen. Dafür zu sorgen, dass dies nicht geschieht, hat die auftraggebende Person. Sie hat die Möglichkeit, dem Zivilstandsamt die Tatsache der Errichtung des Vorsorgeauftrages und dessen Hinterlegungsort mitzuteilen. Das Zivilstandsamt führt innerhalb des Informationssystems "Infostar" ein Register der Vorsorgeaufträge. Eingetragen wird nur die Tatsache, dass jemand einen Vorsorgeauftrag errichtet hat, wann dies erfolgt ist und wo die Urkunde hinterlegt wurde, nicht aber der Inhalt des Auftrags. Der Eintrag in die Datenbank ist aber kein Gültigkeitserfordernis.


2. Volle Handlungsfähigkeit als Voraussetzung der Errichtung


Die Errichtung eines Vorsorgeauftrages setzt volle Handlungsfähigkeit voraus. Die betroffene Person muss im Zeitpunkt der Errichtung des Vorsorgeauftrages urteilsfähig sein. Voraussetzung ist, dass im Zeitpunkt der Errichtung keine Erwachsenenschutzmassnahme besteht, auch nicht eine mildere Beistandschaft, sofern diese den Entzug oder sogar nur die Einschränkung der Handlungsfähigkeit zur Folge hat. Ferner ist zu berücksichtigen, dass es sich um einen höchst persönlichen Akt handelt, so dass Stellvertretung ausgeschlossen ist.


3. Wirksamkeit


Erfährt die Erwachsenenschutzbehörde (KESB), dass eine Person urteilsunfähig geworden ist und ist ihr nicht bekannt, ob ein Vorsorgeauftrag vorliegt, so erkundigt sie sich beim Zivilstandsamt. Liegt ein Vorsorgeauftrag vor, so prüft die Erwachsenenschutzbehörde, ob

- dieser gültig errichtet worden ist;
- die Voraussetzungen für seine Wirksamkeit eingetreten sind;
- die beauftragte Person für ihre Aufgaben geeignet ist;
- weitere Massnahmen des Erwachsenenschutzes erforderlich sind.

Nimmt die beauftragte Person den Vorsorgeauftrag an, so weist die Behörde sie auf ihre Pflichten nach den Bestimmungen des Obligationenrechts über den Auftrag hin und händigt ihr eine Urkunde aus, die ihre Befugnisse widergibt.


4. Inhalt des Vorsorgeauftrages

4.1 Beauftragte Person

Die beauftragte Person muss namentlich bezeichnet werden. Eindeutig bestimmbar ist eine Person auch, wenn mit dem Vorsorgeauftrag der jeweilige Inhaber einer bestimmten Funktion bezeichnet wird, wie beispielsweise der Gemeindepräsident. Mit Blick auf den Zweck des Vorsorgeauftrages, die private Vorsorge zu stärken, macht allerdings eine solche Anordnung kaum Sinn. Der höchstpersönliche Charakter lässt es nicht zu, dass ein Dritter ermächtigt wird, die beauftragte Person zu bezeichnen. Als vorsorgebeauftragte Person kommen sowohl eine natürliche wie auch eine juristische Person in Betracht. Der Gesetzgeber wollte es ausdrücklich ermöglichen, dass beispielsweise eine spezialisierte Firma oder eine Institution die mit dem Vorsorgeauftrag betraut wird. Es können auch mehrere Personen beauftragt werden. Dann muss die auftraggebende Person regeln, in welchem Verhältnis diese Personen zueinander stehen bzw. wer welche Kompetenzen haben soll.

4.2 Gegenstand des Auftrages

Der Auftrag kann sich sowohl auf die Personensorge wie auch auf die Vermögenssorge beziehen. Er wird regelmässig im entsprechenden Umfang auch die Ermächtigung erhalten, die betroffene Person im Rechtsverkehr zu vertreten. Der Auftrag kann alle drei oder nur einzelne dieser Aspekte beinhalten.

4.3 Personen- und Vermögenssorge

Sowohl die Personen- als auch die Vermögenssorge umfassen regelmässig rechtsgeschäft-liches Handeln und Tathandlungen. Die vorsorgebeauftragte Person hat in erster Linie die Interessen der urteilsunfähigen Person sorgfältig zu wahren. Im Rahmen der persönlichen Betreuung hat die beauftragte Person alles vorzukehren, was für das Wohlbefinden der betroffenen Person sinnvoll und den Verhältnissen angemessen erscheint. Die beauftragte Person hat dabei nicht zwingend die Betreuung selber vorzunehmen. Sie hat aber dafür zu sorgen, dass diese angemessen sichergestellt ist. Ohne entgegenstehende Anordnung umfasst der Vorsorgeauftrag auch die Sonderermächtigung zur Prozessführung und für den Abschluss von Grundstücksgeschäften. Allenfalls kann die Erwachsenenschutzbehörde in der Einsetzungsverfügung oder später eine entsprechende Einschränkung vorsehen, wenn sie den Beauftragten für solche Geschäfte als ungeeignet ansieht.

Die vorsorgebeauftragte Person handelt selbständig, ohne dass die einzelnen Geschäfte der Zustimmung der Erwachsenenschutzbehörde bedürften.

Die beauftragte Person hat im Rahmen ihrer Aufgaben auch den Kontakt mit Dritten herzustellen. Sie hat folglich Mitteilungen entgegenzunehmen und Erklärungen gegenüber Dritten abzugeben. Anders als bei der Vertretungsvollmacht des Ehegatten sieht das Gesetz beim Vorsorgeauftrag nicht ausdrücklich das Recht zum Öffnen der Post vor. Die vorsorgebeauftragte Person darf dies nur tun, wenn entweder der Vorsorgeauftrag ganz allgemein gefasst ist oder diese Befugnis ausdrücklich im Vorsorgeauftrag festgehalten wird.

Die vorsorgebeauftragte Person hat eine sorgfältige Dokumentation der betreuten Geschäfte und erfüllten Aufgaben zu erstellen, damit es jederzeit möglich ist, Bericht und Rechenschaft abzulegen. Solche Berichte können die betroffene Person, wenn sie wieder urteilsfähig geworden ist, die Erwachsenenschutzbehörde, gegebenenfalls ein Beistand oder eine Beiständin und die Erben der betroffenen Person herausverlangen.


5. Benachrichtigung der Erwachsenenschutzbehörde

Die vorsorgebeauftragte Person ist verpflichtet, die Erwachsenenschutzbehörde unverzüglich zu benachrichtigen, wenn sie feststellt, dass Geschäfte besorgt werden müssen, welche nicht von ihrem Auftrag abgedeckt sind, oder wenn aus anderen Gründen weitere Massnahmen des Erwachsenenschutzes zur Wahrung der Interessen der urteilsunfähigen Person notwendig sind.


6. Widerruf


Die auftraggebende Person kann den Vorsorgeauftrag jederzeit widerrufen. Der Widerruf setzt allerdings Urteilsfähigkeit voraus. Im Gegensatz zur Errichtung des Vorsorgeauftrags muss beim Widerruf aber nicht volle Handlungsfähigkeit vorliegen. Das Bestehen einer Beistandschaft hindert den Widerruf nicht. Der Widerruf durch die auftraggebende Person ist nur so lange möglich, wie der Vorsorgefall noch nicht eingetreten ist, d.h., die auftraggebende Person noch nicht urteilsunfähig geworden ist. Wie die Errichtung ist auch der Widerruf an Formerfordernisse gebunden. Er hat in einer der für die Errichtung vorgeschriebenen Form zu erfolgen. Es muss sich nicht um die gleiche Form handeln, in der er errichtet worden ist. Auch ein mit öffentlicher Urkunde errichteter Vorsorgeauftrag kann handschriftlich widerrufen werden. Der Widerruf muss diesfalls auch nicht der Urkundsperson mitgeteilt werden. Der Widerruf kann sodann durch Vernichtung der Originalurkunde erfolgen. Errichtet die auftraggebende Person einen neuen Vorsorgeauftrag, so tritt dieser an die Stelle des früheren, sofern er nicht zweifellos eine blosse Ergänzung darstellt. Erlangt die betroffene Person ihre Urteilsfähigkeit wieder, erlischt der Vorsorgeauftrag von Gesetzes wegen. Der Vorsorgeauftrag erlischt auch mit dem Tod der betroffenen Person. Es ist aber möglich, im Vorsorgeauftrag vorzusehen, dass der Auftrag und die Vollmacht über den Tod hinaus gültig sein sollen. Auf solche Rechtsgeschäfte findet dann allerdings nicht mehr das Erwachse-nenschutzrecht, sondern das Obligationenrecht (Art. 35 Abs. 1 OR, Art. 405 Abs. 1 OR) Anwendung. Die Erwachsenenschutzbehörde (KESB) kann der beauftragten Person nach dem Tod der auftraggebenden Person weder Weisungen erteilen noch ihren Auftrag und die Vertretungsvollmacht entziehen. Dafür sind dann vielmehr die Erben und Erbschaftsbehörden zuständig. Schliesslich gilt es noch den Widerruf durch die beauftragte Person zu erwähnen. Ein solcher Widerruf bzw. eine Kündigung durch die beauftragte Person ist erst nach dem Eintritt der Urteilsunfähigkeit der betroffenen Person möglich. Die beauftragte Person hat dann die Möglichkeit, den Auftrag gar nicht anzunehmen oder, wenn sie ihn angenommen hat, zu kündigen.

 
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